Wirtschaft

Die syrische Wirtschaft ist infolge der internationalen Sanktionen und der Bürgerkriegssituation vollkommen zusammengebrochen. Die Lebensmittelpreise sind immens gestiegen, zahlreiche Nahrungsmittel sind für viele Menschen gar nicht mehr erhältlich. Benzin und Gas sind äußerst knapp 

Geschätztes BIP 38 Mrd US $ (geschätzt 2018) 
Pro Kopf Einkommen (Kaufkraftparität) 2579 US$ (geschätzt 2019) 
Rang der menschlichen Entwicklung (HDI) 155 unter 189 (2017) 
Anteil Armut (unter zwei $ pro Tag) 75 % 
Wirtschaftlicher Transformationsindex (BTI) Rang 128 (von 129) (2018) 

Syrische Kriegswirtschaft 

Der Bürgerkrieg zerstört die Wirtschaft in Syrien. Heute leben etwa 90 Prozent der syrischen Bevölkerung unter der Armutsschwelle. Etwa 60 Prozent der Einwohner lebt in bitterster Armut, Sie haben kaum Zugang zu Essen, Trinkwasser und Gesundheitsversorgung. In vielen Städten ist die Infrastruktur zerstört, Straßen, Strom und Wasserleitungen funktionieren nur eingeschränkt oder gar nicht. Mehr als 400.000 Gebäude wurden zerstört oder stark beschädigt – darunter Schulen, Spitäler, Wasserwerke und Energieversorgungszentralen. Viele Bauern haben kriegsbedingt ihre Existenzgrundlage verloren. Ernteausfälle und Einbußen in der Viehhaltung werden auf mehr als 13 Milliarden Euro geschätzt.Auch das produzierende Gewerbe leidet massiv unter den Folgen des

Krieges. Qualifiziertes Personal ist auf der Flucht oder in den kämpfenden Parteien. Die Produktionskosten sind sehr hoch und die Absatzmärkte sind weggebrochen. Die Lage wird durch die Sanktionen verschärft. Von den einstmals 130.000 Produktionsstätten Syriens ist gerade noch die Hälfte übrig geblieben. 

Während vor Beginn der kriegerischen Konflikte in Syrien im Jahr 2011 noch 80 Prozent der syrischen Wirtschaft von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt war, werden heute große Teile der syrischen Wirtschaft von wenigen kontrolliert. Zudem haben viele Akademiker das Land verlassen. Dieser Verlust für die syrische Wirtschaft hat zur Folge, dass 538.000 Arbeitsplätze pro Jahr verloren gegangen sind. Inzwischen gehen drei von vier Erwachsenen keiner beruflichen Tätigkeit mehr nach. 

Seit Ausbruch des Bürgerkriegs hat die syrische Lira rund 90 Prozent ihres Wertes verloren. Zudem sind viele Güter des täglichen Bedarfs knapp geworden, das treibt die Preise zusätzlich hoch. Zwar sind aktuelle Wirtschaftsdaten praktisch nicht verfügbar oder sehr mit Vorsicht zu genießen, doch kann man durchaus feststellen, dass seit Ausbruch des Krieges ganze Berufszweige und Branchen 

verschwunden sind. Die Tourismusbranche ist komplett zusammengebrochen. Dafür blüht eine Schattenwirtschaft. Die syrische Wirtschaft hat sich innerhalb der letzten Jahre zu einer Kriegswirtschaft entwickelt. Die vor dem Aufstand ohnehin schon weit verbreitete Korruption hat noch größere Ausmaße angenommen. Doch nicht nur das Regime profitiert von der Situation, auch die Milizen jeglicher Couleur zählen zu den Profiteuren. Der Schmuggel blüht, und Verhaftungen und Entführungen sind eine wichtige Säule der Ökonomie geworden. 

Die Weltbank schätzte bereits 2016 den kumulierten BIP-Verlust (2011-2016; Basiszeitpunkt: 2010) auf ca. 226 Mrd. USD, was ungefähr dem Vierfachen des BIP im Jahre 2010 entspricht. Die syrische Wirtschaftsleistung beträgt heute nur noch ein Achtel des Vorkriegsniveaus. Für den Wiederaufbau des Landes sind schätzungsweise 1,2 Billionen US-Dollar notwendig. 

Die syrische Wirtschaft vor dem Aufstand 

Syrien war lange Zeit eines der bedeutenden Länder im Mittelmeerraum. Von hier strömten nicht nur Waren, sondern auch Wissen weiter nicht zuletzt in Richtung Westen. Nachdem der Fernhandel nach Indien und China jedoch nahezu komplett von den Europäern übernommen worden war, wurde Syrien vom Zentrum an die Peripherie der Weltwirtschaft gedrängt und ist seit seiner Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich einer der Hauptleidtragenden des Nahost-Konflikts. Lange Zeit ein Selbstversorger, befindet sich das Land heute nicht nur in einer politischen, sondern auch in einer ökonomischen Krise. Die Situation wird noch dadurch verschärft, dass die Landwirtschaft unter einer jahrelangen Dürre litt und in vielen Regionen des Landes infolge des Krieges brachliegt. Die Krise war aber auch strukturell bedingt. So war seit Jahrzehnten das Öl zur hauptsächlichen Devisenquelle geworden. Dessen Vorräte aber gehen nicht nur zur Neige, vielmehr waren Ölexporte, wie der syrische Privatsektor, vollends seit 2011 von Sanktionen betroffen. 

In der Not wandte sich Syrien wirtschaftlich immer mehr dem Iran zu, mit dem es zuletzt, nach einem entsprechenden Abkommen mit Libanon, Türkei und Jordanien und der Teilnahme am  GAFTA-Abkommen der Arabischen Liga, eine Freihandelszone einrichten wollte. Andererseits hatte sich Syrien längst dem Washington Consensus geöffnet. Folge waren wachsender Konkurrenzdruck und eine rapide steigende Armutsquote – u.a. Gründe für den Ausbruch der Proteste gegen die Regierung im März 2011.

Syriens Volkswirtschaft belegte vor dem Aufstand im Weltvergleich einen mittleren Platz knapp hinter dem Nachbarn Irak, weit abgehängt jedoch von Ländern wie der Türkei oder Iran. Verschiedene Jahrbücher, Studien, Statistiken, Überblicksartikel und Veröffentlichungen bieten die Kerndaten zur syrischen Wirtschaft: 

World Bank: Syrian Arab Rebublic 
International Monetary Fund: Syrian Arab Republic.  
Chatham House: Syria’s Economy  

Wirtschaftssystem & seine Sektoren 

Unter der Herrschaft der Baath-Partei wurden in Syrien die meisten größeren Betriebe verstaatlicht. In Landwirtschaft und Industrie sind jeweils ca. 16 Prozent aller Arbeiter tätig, ganze 65 Prozent entfallen auf den Dienstleistungssektor. Präsident Baschar al-Assad nahm seit seinem Amtsantritt insbesondere den Aufbau eines privaten oder teilprivatisierten Wirtschaftssektors in Angriff und erleichterte ausländische Einfuhren und Investitionen. Seitdem befindet sich Syrien offiziell im Stadium der «Transformation». Allerdings ist Syrien von einer «sozialen Marktwirtschaft» nach dem Vorbild des rheinischen Kapitalismus weit entfernt, und der Lebensstandard vieler Syrer ist in den letzten Jahren zunehmend gesunken. 

Landwirtschaft 

Die Landwirtschaft ist traditionell die Stütze der syrischen Wirtschaft. Dabei ist lediglich ein Drittel des Landes landwirtschaftlich nutzbar. 90 Prozent der urbaren Fläche wurde Mitte der achtziger Jahre genutzt. Das Land befindet sich überwiegend in Privatbesitz. Staatliche Farmen bewirtschaften 20 Prozent der Fläche. Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse werden zumeist staatlich kontrolliert. Die Anbaufläche durch umfangreiche Bewässerungsprojekte zu erweitern, scheiterte bereits in den fünfziger Jahren, genauso wie die Bodenreform in den Anfängen stecken blieb und das soziale Problem nicht nachhaltig gelöst wurde. 


Schlaglicht: Landreform 

Ziel der Landreformen von 1958, 1963 und 1966 war die Errichtung von Staatsfarmen. Agrarprodukte sollten nun auf rationale Weise angebaut und verteilt werden. 1972 hatten neun von 15 Farmen hohe Verluste zu verbuchen. Anfang der 1980er Jahre wurden 72.000 ha Staatsland an die Bauern verteilt. 1970 war die Landreform abgeschlossen. 1,5 Mio Hektar wurden verstaatlicht, hinzu kamen 443.000 ha, die an die Kleinbauern verteilt wurden. Beduinenscheichs, Oberhäupter der Euphratstämme, registrierten kollektives Land jedoch in ihrem Namen. Vor der Landreform waren 90 Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens in der Hand von 40 Beduinenoberhäuptern und städtischen Notabeln. Zehn von ihnen besaßen 70 Prozent bewässertes Land am Euphrat.

Nach wie vor überwiegen in der Landwirtschaft vorindustrielle Produktionsverhältnisse, der Lebensstandard der Kleinbauern ist gering. Über die Nutzung des Euphratwassers ist zwischen der Türkei und Syrien sowie Irak noch keine Einigung erzielt worden. Eine bis heute nicht nachlassende Dürre hat der Landwirtschaft in den letzten Jahren schweren Schaden zugefügt. Der globale Klimawandel wird Syrien wahrscheinlich noch mehr in Mitleidenschaft ziehen. Galt das Land einst als Kornkammer, muss es heute auch Nahrungsmittel importieren. Nur noch 3 Prozent des Landes sind bewaldet. Dem sollen Aufforstungsprogramme entgegenwirken. 

Bergbau, Öl, Gas 

Syrien ist nicht reich gesegnet an Bodenschätzen, doch gibt es Vorkommen an fossilem Öl und Gas sowie Eisenerz und vor allem Phosphat, die auch abgebaut werden. Das Land ist weltweit der fünftgrößte Phosphat-Exporteur. Dieses Mineral wird auch vor Ort zu Dünger weiterverarbeitet. Begrenzter sind die Vorräte an Öl, bei denen der «Peak Oil» seit langem überschritten ist. Dennoch ist die Ölindustrie die wichtigste in Syrien, Öl und Gas erzielen drei Viertel aller Exporterlöse und ein Drittel des gesamten BSP. Weitere Bodenschätze sind natürlicher Asphalt, Salz, Chrom und Marmor. Syrien verfügt auch über Produktionen von Zement, Dolomit, Gips, Stickstoff, Phosphorsäure, Industriesand, Tuffgestein und Schwefel. Quarzsand zur Silikonherstellung ist ebenfalls reichlich vorhanden. Der Bergbau wird weitgehend vom Staat kontrolliert, doch sind an der Ölgesellschaft «Al Furat Petroleum Company» mit Royal Dutch Shell und Petro-Canada auch westliche Unternehmen beteiligt. 

Sonstige Energie 

In Syrien scheint etwa an 200 Tagen im Jahr die Sonne. Dennoch stammt der Großteil der Energie aus Mineralöl. Daher ist der Ausbau erneuerbarer Energien seit einigen Jahren erklärte Wirtschaftspolitik. Bei Homs gibt es bereits einen Windpark, und neben Geräten für die thermische Nutzung der Sonne, die bereits von über einem Dutzend privater Firmen hergestellt werden, ist gemeinsam mit einem ukrainischen Unternehmen an eine eigene Fertigung von Solarzellen gedacht. 

Immer noch exportiert das Land in kleinem Ausmaß Möbel. Doch die Bedeutung des Kunsthandwerks ist stetig zurückgegangen. 

Bekleidung und Lederwaren 

Lediglich Textilien stellt Syrien industriell in bedeutendem Maßstab her. Mit der Entwicklung der Textilindustrie befassen sich nationale Forschungseinrichtungen. Die zunehmende Privatisierung hat Zulieferfirmen für große multinationale Konzerne entstehen lassen. Auch Lederwaren und insbesondere Schuhe werden in Syrien produziert.

Chemie-, Pharma- und Elektroindustrie 

Chemie und Pharmaka werden ebenfalls in Syrien hergestellt. Das Land kann sich nicht nur mit wichtigen Medikamenten selbst versorgen Elektrogeräte und andere Gebrauchs- und Konsumgüter werden ebenfalls überwiegend für den Eigenbedarf produziert. 

Bauwirtschaft 

Der Boom der Bauwirtschaft der letzten Jahre ist mehreren Faktoren geschuldet: Die Grundstückspreise sind nicht vom Staat festgelegt, bieten also Raum für Spekulationen. Umstritten ist daher vielfach die Tätigkeit mancher privater Baugesellschaften. Die Bevölkerung ist zudem in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Ebenso der Tourismus. Die Bauwirtschaft zieht zudem bevorzugt Kapital vom Golf an. So entstanden in den Metropolen große Bauprojekte. 

Auch im Bankwesen haben die Petrodollar vom Golf Einzug gehalten. Eine der ersten Maßnahmen Präsident Baschar al-Assads war die Zulassung von Privatbanken. Seit 2001 dürfen ausländische Banken zum ersten Mal in Syrien operieren. Durch ein Dekret wurde 2003 auch der Besitz ausländischer Währung erlaubt. 2005 wurde staatseigenen und privaten Banken erlaubt, ausländisches Geld aufzunehmen zur Finanzierung der Importe. Im gleichen Jahr folgte ein Dekret, wonach die Gründung von islamischen Banken und private Versicherungsgesellschaften erlaubt werden. Seit 2006 gibt es eine private Versicherungsgesellschaft. 2007 haben sieben ausländische Banken, darunter zwei islamische, ihre Arbeit aufgenommen. 2009 wurde in Damaskus eine Börse eröffnet. 

Telekommunikationsbranche 

Syrien verfügte vor Beginn des Krieges nach Auskunft der «International Telecommunication Union» über das fünftschwächste Telefonnetz im Nahen Osten. Bis 2013 erst sollte eigentlich das ganze Land vernetzt sein. Auch die Mobiltelefonie war vergleichsweise schwach entwickelt. Über 50 Prozent Marktanteil fielen dabei allein auf den Anbieter Syriatel. Mitte 2004 sprach das Unternehmen von ca. 820.000 Kunden. Ende Juni 2007 waren es nach Firmenangaben bereits 2,8 Mio. Syriatel gehört dem Unternehmer Rami Makhlouf, ein Cousin des Präsidenten Baschar al-Assad, dessen Firma Hauptanteile in fast allen Großprojekten in Syrien besitzt. Deshalb richteten sich die ersten Proteste im Jahr 2011 in Deraa gegen ihn und seine Firma Syriatel, die von den Demonstranten in Brand gesetzt wurde. 

Der zweite Mobilfunkanbieter ist Investcom. Diese gehörte dem heutigen libanesischen Ministerpräsidenten Najib Miqati. 2006 schloss sich Investcom mit der südafrikanischen MTN zusammen. 

Das Internet wurde zunächst lediglich von einer staatlichen Firma angeboten, dem 1997 gegründeten Internet Service Provider ISP. Dem ging 1989 die Gründung der Syrian Computer Society voraus, die allgemein für die Entwicklung der IT-Technologie zuständig ist. Internet und die Telefon werden vom Staat überwacht. 

Transport 

Die ersten Eisenbahnlinien wurden schon zu Zeiten des Osmanischen Reiches erbaut. Reise- und Güterverkehr per Bahn haben trotz Schließung und Zerstörung von Strecken in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Großen Anteil am Personenverkehr haben seit 1992 auch die privaten Minibusse. Zudem finden private Pkws immer größere Verbreitung. 2005 waren 278.866 Autos registriert, das ist ein Auto auf 65 Bürger. Seit 2009 wird in einem Joint Venture mit «Iran Khodro» bei Damaskus der Peugeot-Nachbau Samand hergestellt. 

Tourismus 

Im Jahr 2002 hatte Syrien geschätzte 3,2 Mio. Besucher aus arabischen Ländern, die meisten aus dem Libanon, ferner aus Jordanien, Saudi-Arabien und Irak. Aus anderen Ländern, so auch den westlichen, kamen im Jahr 2002 1,1 Mio. Besucher nach Syrien. Mit im Jahr 2000 geschätzten sechs Prozent Anteil am syrischen Wirtschaftsaufkommen galt der Tourismus als bedeutende und leicht auszubauende Devisenquelle. 

Seit Beginn der Aufstände im März 2011 und insbesondere seit der Militarisierung der Revolution ist der Tourismus allerdings komplett zum Erliegen gekommen, das Auswärtige Amt warnt zudem deutlich vor Reisen nach Syrien. 

Wirtschaftspolitik und Bodenreform 

Zu Zeiten der gerade einmal drei Jahre lang bestehenden Vereinigten Arabischen Republik (dem Zusammenschluss Ägyptens und Syriens zwischen 1958-1961) und unter der Herrschaft der Baath-Partei wurden die meisten Privatunternehmen verstaatlicht, so auch alle Banken. Das war die Zeit der großen Bewässerungsprojekte, mit denen die Landwirtschaft ausgebaut werden sollte, verbunden mit einer Bodenreform. Beides glückte jedoch nicht wie geplant. Der Assad-Staudamm kann bis heute nicht zur Bewässerung verwendet werden, Kanalbauten erwiesen sich aufgrund der 

Bodenbeschaffenheit als schwierig. Zwar gelang es, die Kluft zwischen Arm und Reich nicht allzu weit aufklaffen zu lassen. Kooperativen, deren Einrichtung in der Folge der Bodenreform

vorgesehen war, wurden aber von der Landbevölkerung nicht angenommen. Ein großer Teil des Bodens befindet sich nach wie vor in Privatbesitz, lediglich 20 Prozent werden von staatlichen Farmen bewirtschaftet.

Schlaglicht: Der Alltag in einem Dorf 

1972 porträtierte der 2010 verstorbene syrische Dokumentarfilmer Omar Amiralay den «Alltag in einem syrischen Dorf». Dieser lange Zeit verbotene Film führte vielen Syrern erstmals eine kaum 

bekannte Realität vor: dass nämlich viele ländliche Gegenden im Landesinnern kaum entwickelt sind, dass dort Bildung und Gesundheitsversorgung nur begrenzt zur Verfügung stehen und nicht zuletzt ein kurz vor der gewaltsamen Eskalation stehender Konflikt zwischen einfachen Bauern und Großgrundbesitzern entbrannt ist. Damals unterstützten die einfachen Bauern die Baath-Partei. Sie 

sahen in ihr einen Verbündeten im Kampf gegen die Großgrundbesitzer. Das erklärt, warum die syrische Regierung bei ihrer brutalen Niederschlagung des Aufstandes der Muslimbrüder Anfang der 80-er Jahre diese Kleinbauern hinter sich wusste. Der syrische Historiker und Soziologe Abdallah Hannah hat hierzu umfangreiche Studien vorgelegt. Heute aber haben sich die Sympathien umgekehrt. Die einfache Bevölkerung unterstützt das Establishment nicht mehr, in dem es vor allem Gewinnler der Privatisierungen erkennt. Das ist auch der Grund, warum der «Arabische Frühling» in Syrien an der Peripherie begann. In ihnen sind die sozialen Probleme, die einst die Bodenreform und die großen Bewässerungsprojekte mildern, wenn nicht beseitigen sollten, nach wie vor ungelöst, ja durch die «Transformation» unter Präsident Baschar al-Assad sogar verschärft worden.

Bei Weizen und Gerste gelang es nicht, dem Bedarf auf Dauer zu genügen, hier ist Syrien, wie die meisten arabischen Länder, sogar zum Importland geworden. Dass die Preise für landwirtschaftliche 

Produkte staatlich festgesetzt wurden, begünstigte mitunter den Schmuggel. 

Produkte und Produktionsweisen 

In der Antike wurden aus der römischen Provinz Syria Olivenöl, Wein, Zedernholz, purpurverzierte Stoffe, Möbel mit Elfenbein-Einlagen und Glaserzeugnisse nach Rom exportiert, ferner kamen von hier Gewürze und Seide indischen und chinesischen Ursprungs. Der sogenannte «Damast» wird seit dem Hochmittelalter nach Europa geliefert. Lediglich die Oliven und die Textilien haben ihre Bedeutung halten können. 

Syrien gilt als eines der Ursprungsländer der Olivenkultur. Immer noch ist die Ausfuhr bedeutend, weltweit ist das Land der sechstgrößte Produzent von Olivenöl. Lagerung und Weiterverarbeitung erfolgen meist noch mit Hilfe veralteter Methoden unter denen die Qualität leidet. In Zusammenarbeit mit der EU wird versucht, die Produktionsbedingungen zu verbessern. Die Entsorgung der Rückstände bei der Olivenpressung ist problematisch. Aufgrund der katastrophalen humanitären Situation und der ungewöhnlich kalten Winter der letzten Jahre wurden Unmengen von Olivenbäumen abgeholzt und zum Heizen verwendet. Dass Syrien historisch eine der Wiegen des Weinanbaus war, ist fast vergessen, denn dieser spielt in dem heute überwiegend muslimischen Land keine nennenswerte Rolle mehr. Trauben werden aber auch wieder überwiegend an der Mittelmeerküste und um die großen Städte Aleppo, Homs und Damaskus herum angebaut, um zu Trockenfrüchten und Saft verarbeitet zu werden.

Weiteres Obst, das aus Syrien zum Export gelangt, sind Äpfel und Granatäpfel, allerdings importiert Syrien gleichfalls Äpfel von den von Israel besetzten Golanhöhen. Eine neue, aber industriell weiterverarbeitete Nutzpflanze ist die Tomate, die überwiegend konserviert exportiert wird. 

Berühmt unter Pfeifenrauchern ist der dunkle, geräucherte Latakia-Tabak. Ebenfalls aus Syrien oder von der naheliegenden Insel Zypern stammte der strenge schwarze Tabak, der einst die französischen Gauloises-Zigaretten berüchtigt machte.  

Ein neues Produkt waren Zuckerrüben, denn Syrien konnte sich nicht selbst mit Zucker versorgen. 2010 ging die erste private Raffinerie bei Homs in Betrieb. Versorgt mit Rohzucker aus Brasilien, sollte sie den syrischen Markt abdecken, aber auch Exporte vor allem in den Irak ermöglichen.  

Drei Fünftel der Schafe und Ziegen, die den größten Teil der Nutztierzucht bilden, werden von den Nomaden des Landes gehalten, die restlichen bieten Bauern einen Zuverdienst. Trotz einer Verdoppelung insbesondere bei der Zahl der Schafe war das Land auf Fleischimporte angewiesen. Die Schafe decken auch einen hohen Anteil der Milchproduktion. Lediglich beim Geflügel und bei Hühnereiern war Syrien Selbstversorger. 

Berühmt ist Syrien auch für seine Möbel mit Gravuren und Einlegearbeiten aus Perlmutt, Elfenbein, Knochen oder Holz. Solche werden auch immer noch hergestellt, neben moderneren Formen. Allerdings ist die Möbeltischlerei wirtschaftlich kaum mehr von Bedeutung. Hier macht sich das Fehlen eines nationalen Instituts für Design, wie es etwa Indien eingerichtet hat, schmerzlich bemerkbar. 

Ähnlich steht es um das Glas, dessen Verarbeitung in Syrien einen ihrer Ursprünge hat und von hier zuerst nach Rom gelangt sein soll. 

Auch die Natursteinverarbeitung spielt trotz ihrer langen Tradition nach wie vor wirtschaftlich kaum 

mehr eine große Rolle. 

In Syrien traditionell stark war die Herstellung von Baumwolle, früher auch Seide, sowie die Textilindustrie. Berühmt ist seit dem Hochmittelalter der nach der Stadt Damaskus benannte Damast. Auch Brokate und andere Stoffe werden in Syrien hergestellt. Die Textilindustrie war überwiegend in staatlicher Hand, allerdings gab es in jüngster Zeit auch private Firmen, die den großen internationalen Marken zulieferten. 

Damaszener Stahl wird seit Jahrhunderten nicht mehr hergestellt. Elektrogeräte werden in Syrien selbst produziert: Kühlschränke, Fernsehgeräte, Radios, Waschmaschinen. 2010 wurde in Zusammenarbeit mit einer ukrainischen Firma auch eine Produktion eigener optoelektronischer Solarzellen begonnen. Thermosolare Heizungen werden ebenfalls selbst hergestellt. Auch ist an eine eigene Fabrikation von Windrädern gedacht. 2009 rollten in Syrien auch die ersten Autos vom Band. In der Nähe von Damaskus wird in einem syrisch-iranischen Joint Venture das Modell Samand von «Iran Khodro», dem größten Autoproduzenten der Region, hergestellt.

Obwohl Syrien Öl exportiert, muss es dennoch aufgrund der Beschaffenheit desselben (leichtes schwefelarmes Öl ist selten) und mangelnder Kapazitäten in Raffinerien auch Mineralölprodukte importieren. Da die Ölvorräte zur Neige gehen, setzt Syrien vermehrt auf die Gewinnung von Erdgas. 

Phosphat wird roh exportiert, aber auch selbst zu Dünger verarbeitet. 

Entwicklung und Entwicklungspolitik 

Trotz aller Fortschritte, die Syrien in seiner Entwicklung in den letzten Jahrzehnten vorweisen konnte, blieb es doch weiterhin ein «Entwicklungs-» oder zumindest ein «Schwellenland». Einem relativ reichen Stadtleben im Westen steht dabei ein trotz aller Großprojekte weitgehend immer noch unterentwickeltes Land gegenüber. Zwar waren Alphabetisierungskampagnen vergleichsweise erfolgreich. Dennoch hat das Land in allen entscheidenden Bereichen Defizite aufzuweisen: in Bildung und Forschung genauso wie in Gesundheit und Infrastruktur. Der Ostblock half Syrien wesentlich bei der Umsetzung der großen Projekte wie dem Bau des Assad-Staudamms, der jedoch nicht die erwarteten Fortschritte bei Bewässerung und Energiegewinnung brachte. 

Heute setzt man zur weiteren Entwicklung unter den Zauberworten der «sozialen Marktwirtschaft» auf Privatisierung und ausländische Investitionen. Nach der Klärung einer Altschuldenfrage ist Deutschland zu einem wichtigen Partner in der Entwicklungszusammenarbeit geworden. Die Entwicklungspolitik mit Syrien wurde auf Anweisung von Bundesminister Dirk Niebel wegen der Unruhen im Land jedoch im Mai 2011 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bereits Ende April 2011 haben alle deutschen Experten Syrien verlassen. 

Millennium Development Goals: Armut, Armutsbekämpfung, etc. 

Im September 2000 fand in New York die «Millennium-Konferenz» statt, auf der sich Vertreter von mehr als 180 Ländern darauf verpflichteten, bis zum Jahr 2015 acht Ziele zu erreichen: 

1. extreme Armut und Hunger zu beseitigen 

2. eine umfassende Schulpflicht durchzusetzen 

3. die Rolle der Frauen zu stärken und Gleichberechtigung zu erreichen 

4. die Kindersterblichkeit zu minimieren 

5. die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge für Mütter zu verbessern 

6. die weitere Ausbreitung von AIDS, Malaria und anderen gefährlichen Krankheiten zu verhindern 

7. nachhaltiges Wirtschaften 

8. in internationaler Zusammenarbeit und unter Einbeziehung des Privatsektors auch die Verbreitung von Wissen und Technologie zur allgemeinen Entwicklung zu fördern. 

Auch Syrien hat sich auf dieses Programm verpflichtet, es zur nationalen Politik erklärt und 2003 und 2005 Rechenschaft über die erreichten Fortschritte abgelegt. Dennoch gibt es Kinder- und Wanderarbeit, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, Analphabetismus vor allem bei Frauen, mangelnde Ausbildung von pädagogischem Personal, eine ungenügende Ausstattung der Schulen, zweifelhafte Inhalte und Erfolge bei der Bildung, kaum Sozialversicherung, Benachteiligung von Frauen und eine unvollständige medizinische Grundversorgung. 

Nationale Entwicklungsanstrengungen 

Die nationale Entwicklungsstrategie steht eng in Verbindung mit den «Millennium Development Goals», die mit den Fünfjahresplänen von 2006 und 2011 auch offizielle Politik wurden. Doch ein Ziel steht noch höher: der Aufbau einer Wasserwirtschaft, die alle Bürger mit sauberem und gesundem Trinkwasser versorgt. Bis zum Ausbruch des Krieges hatten nur ca. 90 Prozent der Bevölkerung einen entsprechenden Zugang, wobei die Rate seit 1990 trotz des Bevölkerungswachstums und des Zuzugs vieler Flüchtlinge aus dem benachbarten Irak deutlich gestiegen war. Bei der Sanierung der Wasserwirtschaft arbeitete Syrien eng mit der GIZ zusammen. Auch gründete das Land 2001 im Anschluss an die UN-Millenniums-Konferenz das Syrian Development Research Center, das die weitere Entwicklung des Landes vorantreiben sollte. 

Ausländische Entwicklungsanstrengungen 

Syrien nahm am Entwicklungsprogramm der UN Industrial Development Organization (UNIDO) teil. 2006 wurde nach zehnjähriger Zusammenarbeit mit der EU das Syrian Enterprise and Business Center (SEBC) gegründet. Eine ähnliche Einrichtung wurde 2010 dann auch mit Deutschland gegründet, das Syrian-German Business Council (SGBC). 

Nach der Regelung der Altschuldenfrage nahm Deutschland seit 2001 wieder eine Schlüsselstellung in der Entwicklungszusammenarbeit mit Syrien ein, wobei die GIZ das Land vor allem bei der Sanierung der Wasserwirtschaft und beim Übergang von einer staatlich gelenkten Planwirtschaft zu einer sozialen Marktwirtschaft unterstützte. Weitere Projekte wurden im Bildungssektor und dem Aufbau einer modernen Hochschulbildung, bei der nachhaltigen Stadtentwicklung und bei der Einführung erneuerbarer Energien durchgeführt. Außerdem leistete die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Hilfe beim Aufbau eines Bankwesens mit Mikrokrediten. 2009 und 2010 wurden 26 Millionen Euro für die finanzielle und zwölf Millionen Euro für die technische Zusammenarbeit gewährt. 

Nach Beginn der Protestbewegung im März 2011 aber wurden alle deutschen Programme gestoppt und alle Mitarbeiter abberufen. Auch die Goethe-Institute in Damaskus und Aleppo wurden geschlossen.

Deutsche Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit 

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wurde aufgrund der sich zuspitzenden  Menschenrechtssituation in Syrien im Mai 2011 eingestellt. Das BMZ wies alle deutschen Experten der Entwicklungszusammenarbeit im April 2011 an, das Land zu verlassen. Die deutschen Institutionen sowie die Deutsche Botschaft in Damaskus sind mittlerweile alle geschlossen. 

2012 hat die Bundesregierung allerdings ca. 103 Millionen Euro Hilfe für Syrien geleistet. 53 Millionen Euro davon flossen in humanitäre Hilfsmaßnahmen in Syrien und in den Nachbarländern und etwa 50 Millionen Euro für entwicklungsorientierte Übergangshilfe und bilaterale Entwicklungszusammenarbeit. 

Auf der internationalen Geberkonferenz für die notleidende Bevölkerung, die am 30. Januar 2013 in Kuweit stattfand, stellte die Bundesregierung weitere zehn Millionen Euro für Hilfsmaßnahmen zur Verfügung. 

Die Bundesregierung versucht darüber hinaus, den syrischen Flüchtlingen Perspektiven in ihren Aufnahmeländern zu bieten. Über drei Millionen syrische Flüchtlinge leben allein in der Türkei. Dort hat die Bundesregierung 2015 ein Programm für die Beschulung syrischer Kinder sowie für eine Berufsausbildungen syrischer Flüchtlinge aufgelegt, das von der GIZ durchgeführt wird. 

Ein weiteres Programm mit einer Laufzeit von 2016 bis 2019 zielt auf die langfristige Eingliederung der syrischen Kinder in das türkische Schulsystem, insbesondere in Gaziantep und in Sanliurfa, wo etwa 20 Prozent der Bevölkerung syrische Flüchtlinge sind. 

Für die notleidende Bevölkerung von Aleppo, Idlib und Hama stellte das Entwicklungshilfeministerium im Dezember 2016 15 Millionen Euro für die Arbeit von syrischen Ärztinnen und Ärzten, Krankenpflegerinnen und -pflegern sowie Traumapsychologinnen und – psychologen zur Verfügung, um ihre Arbeit für dreißig Monate zu sichern. Eine Bewahrung des kulturellen Erbes Syriens angesichts des zerstörerischen Krieges ist das Ziel des Syrian Heritage Archive Project (SHAP). Das Kooperationsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und des Museums für Islamische Kunst (MIK) in Berlin erstellt seit 2013 ein Register syrischer Kulturgüter. Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt gefördert. 

Die Weiterbildung syrischer Architekten, Archäologen, Denkmalpfleger, Bauforscher, Stadtplaner und Handwerker hat sich das Projekt «Stunde Null» zur Aufgabe gemacht. Dieses Projekt führt das DAI mit den Partnern des Archaeological Heritage Network, der Abteilung für Kultur und Kommunikation des Auswärtigen Amts sowie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durch. 

Einige Adressen, die vor dem Krieg wirkten: 
Goethe-Institut 
Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)
Deutsches Archäologisches Institut (DAI)

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Marwan Abou Taam. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite für Syrien die Inhalte veröffentlicht werden.