Geschichte und Staat
Flagge
Die syrische Flagge besteht aus einem roten, einem weißen und einem schwarzen Querstreifen. Auf dem Weiß prangen zwei grüne Sterne, die für Ägypten und Syrien stehen. Diese Flagge stammt aus
der Zeit der Vereinigten Arabischen Republik (1958-1961) und wird seit 1980 wieder verwendet.
Wappen
Das syrische Staatswappen, das 1946 eingeführt wurde, besteht aus einem nach rechts blickenden Falken. Der Schild auf seiner Brust zeigt die syrische Flagge, die nach unten durch zwei Lorbeerzweige eingerahmt wird. Unter diesen Zweigen steht auf einem grünen Banner auf Arabisch der offizielle Name Syriens geschrieben: Syrische Arabische Republik.
Währung
Die syrische Lira (Pfund) ist die Währung von Syrien. Die größte Geldnote sind zweitausend syrische Lira (Pfund). Weiterhin gibt es Scheine von 2000, 1000, 500, 200, 100 und 50 Lira. Münzen haben
einen Wert von 1, 2, 5, 10 und 25 Lira. Auch einige wenige Ein- und Zweiliramünzen sind noch im Umlauf. Die Ein- und Ausfuhr syrischer Lira ist verboten. Im Syrischen Bürgerkrieg seit 2011 wurde die Lira gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Bei Reisen nach Syrien ist es deshalb nicht ratsam, sich im Ausland mit Lira zu versorgen, zumal der Kurs durch die nicht vorhandene Konvertibilität deutlich ungünstiger ist als in Syrien selbst.
Syrische Nationalhymne
Die syrische Nationalhymne heißt «Humat ad-Dijar» – Beschützer des Landes
Impressionen
Interessante Fotoblogs mit zahlreichen guten Fotos zweier Fotografen aus Aleppo aus einem Land Syrien, das es heute so nicht mehr gibt:
Syria Winks und Syira Look
Geschichte & Staat
Syrien ist einer der Kernstaaten der arabischen Welt. Auswege aus dem seit 2011 tobenden zerstörerischen Bürgerkrieg sind nicht in Sicht, die diplomatischen Initiativen kommen nur schwer voran. Nach Angaben von UNOCHA benötigen etwa 13 Millionen Menschen in Syrien humanitäre Hilfe. Syrien ist zum Paradigma der arabischen Misere geworden.
Tag der Unabhängigkeit 17. 04. 1946
Staatsoberhaupt Baschar al-Assad (Präsident von Syrien seit 2000)
Regierungschef Imad Khamis (Premierminister von Syrien seit 2016)
Politisches System Autokratie
Demokratie Status – Index (BTI) Rang 135 von 137 (2020)
Korruptionsindex (CPI) Rang 178 von 180 (2019)
Syriens Geschichte
Vorislamische Zeit
Erste Siedlungsspuren lassen sich in Syrien schon im 7. Jahrtausend v.Chr. nachweisen. Manche dieser Siedlungen wuchsen – zunächst im Euphrat- und Tigrisgebiet – zu Städten heran. In Ugarit, heute Ras Schamra, Ebla, Qatana, Mari, Habuba Kabira, Hammam et-Turkman und Tell Brak entwickelten sich Vorstellungen von Urbanisation für eine organisierte Gesellschaft.
Es entstanden die ersten Reiche der Ägypter, Hethiter, Assyrer und Perser. Die Hethiter kamen aus Anatolien, fielen um 1600 in Syrien ein und eroberten das Reich von Qatana. 1284 v.Chr. fand bei Homs die entscheidende Schlacht der Ägypter unter Pharao Ramses II mit den Hethitern unter König Mutwallis II statt. Als Ergebnis kontrollierte Ägypten nicht mehr ganz Palästina, und die Hethiter kontrollierten Syrien, bis ein neues Reich das Land bedrängte: das alte assyrische Reich. Es befand sich in der mittleren Tigris-Region und dehnte sich in Richtung Nord-Mesopotamien und Ostsyrien aus. Die alten Mächte schwanden.
Jetzt entwickelte sich die aramäische Sprache im Vorderen Orient mehr und mehr zur Verkehrs- und Diplomatensprache, auch unter den Seleukiden und Römern. Die Aramäer sind eine vorderasiatische Völkergruppe, die seit der ausgehenden Bronzezeit in Syrien (11. Jahrhundert) mehrere Königreiche gründeten (u.a. in Damaskus und Aleppo). Sie besetzten das Vakuum, das der Niedergang des hethitischen und assyrischen Reiches hinterlassen hatte.
In der Levante spielten jetzt auch die Phönizier eine Rolle – in den Küstenstädten Byblos, Tyros, Sidon, Arvad und in Ugarit. Etwas später, im 6. Jahrhundert BC, begann auch das persische Reich zu expandieren.
Das größte militärische Unternehmen in Asien war das von Alexander dem Großen. Es begann 334 v.Chr. und endete elf Jahre später mit Alexanders Tod in Babylon. Alexander der Große öffnete das im Nahen Osten verwurzelte Syrien der mediterranen Kultur. Aber es brachte auch der europäischen Welt die alten Zivilisationen des Ostens näher; die gegenseitige Beeinflussung fand ihren kulturellen Ausdruck im Hellenismus. Alexanders Imperium war nach seinem Tod tief zerstritten. Auch sein General Seleukos konnte die Einheit nicht herstellen.
Der arabische Stamm der Nabatäer hatte sein Zentrum in Petra; 83 v.Chr. bauten sie ihre Herrschaft bis Damaskus aus. Jetzt geriet Syrien einerseits zunehmend unter den Einfluss der Römer, andererseits wurde es zum Handelszentrum und somit zunehmend wohlhabender. Luxusgüter aus dem Osten und Westen kamen auf den Markt, aber auch neue Glaubenslehren verbreiteten sich: das Christentum, zarathustrische Ideen aus dem Iran und hellenistisch-griechische.
Die Römer dehnten ihren Herrschaftsbereich bis zum Persischen Golf aus, und ganz Syrien wurde Teil der Pax Romana.
Palmyra: Das Reich Zenobias
Während der Seleukidenzeit entstand mitten in der syrischen Wüste ein neuer arabischer Staat. Er verband römische und syrische kulturelle Elemente. Er war gezwungen, sich gegen die ihn bedrängenden Sassaniden (260 n.Chr.) zu behaupten. Nach der Ermordung des Königs wurde Palmyra von dessen Frau, der Königin Zenobia, regiert. 269 hatte sie ganz Syrien erobert und drang mit einer Armee von 70.000 Mann südlich nach Ägypten und nördlich bis nach Anatolien vor. Als Zenobia den Römern zu mächtig wurde, schlug Aurelian zurück; 272 wurde Palmyra erobert, und Königin Zenobia musste ins Exil nach Rom.
Daraufhin folgte die Zerstörung von Palmyra durch Aurelian: Er hatte seinen Soldaten die Stadt und deren Bewohner «überlassen», weil er das Heer nicht mehr bezahlen konnte, was sich allerdings als Fehler herausstellte – das Imperium, das er wieder herstellen wollte, hatte er zerstört. Palmyras Reichtum durch seine herausragende Stellung als Handelsmetropole hatte auch Rom Wohlstand gebracht, der jetzt ausblieb. 2015 wurde die Stadt Palmyra von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) erobert. Sie zerstörten etliche Bauwerke unwiederbringlich. 2016 wurde die Staat von den regierungstreuen Truppen wieder eingenommen. Aktuell versuchen Experten einen Plan zur Wiederherstellung der antiken Ruinenstadt auszuarbeiten um sie dann auch wieder für Touristen zugänglich zu machen.
Byzanz
Das Byzantinische Reich war in Syrien die Fortsetzung des Römischen Reiches und wurde von Konstantinopel aus regiert. Die byzantinische Periode war ein kirchliches Zeitalter. In dieser Zeit entwickelte sich in Syrien eine rege Bautätigkeit: Klöster, Kirchen, Mausoleen und Häuser von Grundbesitzern, was man heute noch am Beispiel der Toten Städte besichtigen kann.
Im 4. und 5. Jahrhundert begannen nun im etablierten Christentum die Richtungskämpfe und der Kampf um die Dogmen, der dazu führte, dass die Gemeinde sich spaltete. Die Auseinandersetzungen mündeten schließlich einige Jahrhunderte später in das große Schisma der Ost- und der Westkirche (Konstantinopel und Rom).
Die islamische Eroberung und die Kreuzfahrer
Die Entscheidungsschlacht der byzantinischen und der arabisch-islamischen Kräfte fand 636 statt. Das byzantinische Syrien wird von Arabern nach der Schlacht am Jarmuk erobert. Das Zentrum der Muslime in Arabien wurde im Jahr 661 nach heftigen innerislamischen Kämpfen auf der arabischen Halbinsel durch den Kalifen Muʿāwiya nach Damaskus in Syrien verlagert. Damaskus ist nun an die Hauptstadt der Umayyaden. Dadurch wird Syrien das neue Kernland des Reiches.
Die syrischen Christen waren im Kalifat sogenannte Dhimmis/ Schutzbefohlene, also Nichtmuslime, deren Glauben jedoch auf einer göttlichen Offenbarung beruht. Dazu zählten die Christen der verschiedenen Kirchen, die Juden sowie die Sabier und Zoroastrier, Anhänger dieser Religionen musste im Reich eine Kopfsteuer zahlen, wurden jedoch toleriert. Syrische Christen genossen hohes Ansehen bei den Umayyaden. Viele von ihnen wurden in den administrativen Ämtern eingesetzt. Sie erlangten hohe Positionen in der Administration und bekleideten wichtige Ämter. Aus ihren Reihen traten große Wissenschaftler, Übersetzer und Ärzte hervor. Der heilige Johannes Damaszenus (gest. um 750) hatte eine Zeitlang am Hof des muslimischen Herrschers von Damaskus als hoher Beamten gedient,ehe er sich in ein Kloster zurückzog. Syrische Christen übersetzten die griechischen Wissenschaften ins Arabische, gründeten Hochschulen und entwickelten die arabische Literatur mit. Damit ist der Beitrag der Syrer zur arabischen Kultur nach der Eroberung Syriens durch die Araber enorm. Dies gilt bis heute.
Hundert Jahre später wurden die Umayyaden von ihren Rivalen, den Abbasiden, verjagt und der Sitz des Kalifats nach Bagdad verlegt. In den folgenden Jahrhunderten eroberten die Türken Asien. Ihre zivilisatorischen Leistungen sind unumstritten: von den Timuriden, Seldschuken bis zu den Moguln und Ghaznaviden, später den Osmanen. Unter Sultan Alp Arslan wurden in Anatolien 1071 die Byzantiner geschlagen, und Anatolien wurde zum Herzland der Seldschuken.
1097 begann der erste Kreuzzug, der aus 150.000 Mann bestand, meist Franken und Normannen. Antiochia, Tripoli und Edessa wurden zu fränkischen Staaten. 1100 wurde Balduin König von Jerusalem. Die Brutalität der Kreuzzügler entsetzte die Menschen im Nahen Osten. Vermutlich gab es in Syrien mehr Christen als Muslime, aber die Kreuzfahrer töteten auch diese mit äußerster Brutalität.
Saladin – arabisch: Salah al-Din al-Ayyubi – entstammte einer kurdischen Offiziersfamilie. Nach seinem Vater Ayyub, dem Gouverneur von Baalbek, war die Dynastie der Ayyubiden benannt worden.
Saladins Aufstieg war begleitet vom Abstieg der Franken, die am 3. Juni 1187 vernichtend geschlagen wurden. Noch einmal trat ein fähiger Feldherr gegen Saladin an – Richard Löwenherz, der Sohn Heinrichs II. (1189). Er verwickelte Saladin in einen einjährigen Krieg, es gelang ihm jedoch
nicht, Jerusalem zurückzuerobern. Schließlich schlossen Saladin und Richard Löwenherz einen Waffenstillstand für drei (nach arabischen Quellen für fünf) Jahre.
In Ägypten kamen die Mamluken (1250-1517), ehemalige Sklaven, die für den Militärapparat ausgebildet worden waren, an die Macht. In ungefähr zweihundert Jahren dehnten sie ihre Grenzen bis in den Sudan, Jemen und die Cyrenaika aus. Sie bescherten Ägypten und Syrien Stabilität und Prosperität. 1260 und 1277 brachte Sultan Baibars den einfallenden Mongolenheeren eine vernichtende Niederlage bei.
Die Mongolen hatten die Seldschuken in Anatolien vernichtend geschlagen, sodass die türkischen Stämme sich jetzt um das osmanische Herrscherhaus scharten, dem wiederum die Mamlukenherrschaft in Syrien ein Dorn im Auge war. Da die Osmanen bereits Feuerwaffen und Artillerie besaßen, wurden die Mamluken bei Aleppo 1516 geschlagen. Unter Sultan Selim I. wurden Ägypten und Syrien erobert, das arabische Land, Bilad al-Scham, wurde osmanische Provinz und wie unter den Byzantinern von Konstantinopel aus regiert.
Das Osmanische Reich
Das Eindringen der europäischen Mächte in das Osmanische Reich und die im 19. Jahrhundert immer stärker werdende Integration der arabischen Welt in den Weltmarkt brachte große politische, soziale und ökonomische Veränderungen mit sich. Mit den europäischen Konsuln hatten sich auch die Missionen niedergelassen. Mit deren Schulgründungen war der Weg bereitet, westliche Bildungsinhalte in die arabische Welt zu transponieren. Die Tanzimatreformen des Osmanischen Reiches (Hatt-e Scherif 1839 und Hatt-e Hümayun 1856) in der Verwaltung, im Heereswesen, im Bildungssystem und im juristischen Bereich, die Gleichstellung von Christen und Muslimen (Abschaffung des Millet-Systems) und der durch europäische Einmischung und Aspirationen bedingte Sonderstatus der Verwaltungsbezirke Jerusalem und Dschabal Lubnan hatten große Auswirkungen auf das Leben und Denken der Menschen.
Bilad al-Scham
Die osmanische Provinz Bilad al-Scham umfasste das heutige Syrien, Libanon und Palästina (Transjordanien entstand erst unter britischem Mandat 1922). Erst unter den Kolonialmächten wurde Bilad al-Scham aufgeteilt. Die europäische Penetration wurde als Bedrohung empfunden, gegen die man sich zur Wehr setzen musste. Im Libanon begannen sich christliche Literaten, die fest in der arabischen Kultur verankert waren, von ihren Religionsgemeinschaften zu lösen und für eine säkulare arabische Nation einzutreten. Einer ihrer führenden Vertreter war Butrus al-Bustani (1819-1883), der als Vater der arabischen Renaissance gilt und mehrere Zeitungen und die erste moderne arabische Enzyklopädie herausgab.
Die Suche nach einer eigenen arabischen Identität schwankte bei den Muslimen zwischen Panislamismus und einem eigenständigen nationalen Ansatz innerhalb der Grenzen des Osmanischen Reiches. Die Reaktion auf das nationale Erwachen folgte auf dem Fuß. Zu den Tanzimatreformen gehörte auch die erste Verfassung, die jedoch schon zwei Jahre später, 1878, von Sultan Abdalhamid II außer Kraft gesetzt wurde. Auch das Eintreten für die arabische Kultur und Sprache wurde unterdrückt, so dass viele syrische Intellektuelle nach Ägypten flüchten mussten (Abdarrahman al-Kawakibi, Muhammad Kurd Ali, Tahir al-Dschazairi, Raschid Rida usw.).
Der Einzug der modernen Technik begann um die Jahrhundertwende: Ausbau des Straßen- und Schienennetzes, Verbesserung des Waren- und Posttransports, 1903 hielt die Elektrizität Einzug, Telefon 1908, Telegraphie 1914. Ab 1911 wurde der Posttransport zwischen Aleppo und Bagdad täglich abgewickelt.
Die Tradition der Clubs und Geheimgesellschaften
Zum Ende des 19. Jahrhunderts organisierten sich die Intellektuellen in verschiedenen Zirkeln, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge des nationalen Aufbruchs von politischen Organisationen und Geheimgesellschaften abgelöst wurden, welche sich oft um Zeitungen gruppierten. Verunsichert durch die Machtergreifung des «Komitees für Einheit und Fortschritt» der Jungtürken (1908-1918), die zum Teil eine rücksichtslose Turkifizierungspolitik durchführten, beschäftigten sich die Araber in diesen neuen Organisationen mit der Stärkung der arabischen Positionen in der Verwaltung, der Autonomie der arabischen Provinzen oder der administrativen Dezentralisierung. Die ersten arabischen Nationalisten begannen sich zu formieren.
In Bilad al-Scham existierten über hundert Zeitungen. Einige Herausgeber waren auch in den Reformgesellschaften organisiert. Mitglieder der Beiruter Reformgesellschaft waren orthodoxe, armenische und syrisch-katholische Christen sowie Muslime und Juden.
Die britisch-arabische Allianz
Das Osmanische Reich trat 1914 an der Seite Deutschlands in den Weltkrieg ein. Die Ententemächte Russland, Großbritannien und Frankreich erklärten der «Hohen Pforte» den Krieg. Dies weckte bei den Arabern des Fruchtbaren Halbmondes die Hoffnung auf Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Die Briten waren nun gezwungen, ihre Militärstrategie mit einer diplomatischen Initiative in Richtung auf eine militärische Allianz mit den Arabern gegen Deutschland und das Osmanische Reich auszurichten.
Beide Kolonialmächte, Frankreich und Großbritannien, begannen ihre imperialen Interessen abzustecken; das Osmanische Reich sollte aufgeteilt werden. Dafür musste man aber den Arabern Zugeständnisse machen. Die Briten hielten sich zurück bei den Zugeständnissen an die Araber, es gab kaum schriftliche Festlegungen. Stattdessen teilten sie zusammen mit Frankreich insgeheim im Sykes-Picot-Abkommen von 1916 die osmanischen Provinzen des Fruchtbaren Halbmondes untereinander auf, was allerdings erst am Ende des Ersten Weltkrieges öffentlich wurde.
Die britisch-arabische Allianz – mit ihrem berühmtesten Vertreter Lawrence von Arabien (1888-1935) – eroberte Jerusalem und marschierte am 1. Oktober 1918 in Damaskus ein. Türkische und deutsche Soldaten hatten die Stadt schon geräumt.
Als Faisal, der Sohn des Scherifen von Mekka und Führer der arabisch-britischen Allianz, in Damaskus eintraf, legitimierte er die Übernahme der Regierungsgewalt mit Hinweis auf die Stellung seines Vaters.
Damaskus wurde ein Magnet für die Nationalisten des gesamten Fruchtbaren Halbmonds. Die Briten hatten geholfen, die arabische Regierung Faisals zu installieren und unterstützten sie finanziell. Das Kabinett Faisals verfügte über die Regierungshoheit in den Bereichen Bildung, Inneres, Justiz und Finanzen. Der britische Kommandeur konnte sich als oberste Instanz über die arabischen Beschlüsse hinwegsetzen. Das arabische Militär und die Polizei unterstanden ebenfalls britischer Kontrolle.
Die Mandatszeit
1921 erließ General Gouraud eine Amnestie für alle syrischen Nationalisten, was diese nicht daran hinderte, sofort wieder aktiv zu werden und den Abzug der Franzosen und vollständige Unabhängigkeit zu fordern. Im Juli 1925 erhoben sich die Drusen gegen die Kolonialmacht, als die Franzosen eine drusische Delegation diskriminierten, die ihre Beschwerden vortragen wollte. Militärchef des Aufstandes wurde der Drusenführer Sultan Pasha al-Atrasch (1891-1982), der politische Kopf der Bewegung Abdarrahman Schahbandar. Französische Truppen schlugen den Aufstand 1927 nieder. 100.000 Menschen wurden obdachlos, 6.000 Aufständische mussten ihr Leben lassen. Die Franzosen hatten die Altstadt beschossen und bombardiert. Auch Homs und Hama wurden bombardiert und mit Artillerie beschossen. Ein Phänomen des Aufstandes war, dass die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammen kämpften, die sonst wenig Berührungspunkte hatten: Damaszener und Hamawis mit Drusen und Beduinen, rurale und urbane Kräfte, Arme und Reiche, Christen und Muslime, einfache Kämpfer und Angehörige der neuen Bildungsschicht.
Betont wurde die nationale Einheit, mit der Parole «Die Religion ist für Gott und das Vaterland für alle». In einem Aufruf hieß es «…wir sind eine Syrische Arabische Nation. Der Kolonialismus … (hat das Volk) gespalten, die Prinzipien der Menschenrechte, die Symbole der Freiheit, die Gleichheit und Brüderlichkeit haben sie geeint. Ja, es gibt hier keine Drusen, Sunniten, Schiiten, Alawiten und Christen, es gibt nur Söhne einer Nation, eine Sprache, eine Tradition und ein Interesse.»
Im Dezember 1931 und Januar 1932 fanden Parlamentswahlen statt. Der Nationale Block, der von den Notabeln geführt wurde, hatte sich auf eine «ehrenhafte Kooperation» (Präsident Dschamil Mardam Bey) mit den Franzosen eingelassen und bekam dies am Wahlergebnis zu spüren: Er erhielt nur 17 von 69 Sitzen. Die Franzosen strebten einen Vertrag mit Syrien an, der eine gemeinsame Außenpolitik beider Länder vorsah. Syrien sollte für die innere Ordnung zuständig sein, im Falle einer gemeinsamen Verteidigung sollte Syrien sämtliche militärische Logistik, inklusive Militärbasen, Flughäfen und Häfen bereitstellen, bei Übernahme aller Kosten. Der Vertrag sollte eine Laufzeit von 25 Jahren haben und nach 20 Jahren neu zur Disposition stehen. Das Militär sollte für weitere fünf Jahre im Alawitengebiet und im Drusengebirge verbleiben. Die Nationalisten riefen zu einem Generalstreik gegen diesen Vertrag auf. Der Vertrag sollte nach einer dreijährigen Bewährungsphase die Zustimmung des französischen Parlamentes erhalten und am 20. Dezember 1939 in Kraft treten.
Das syrische Parlament diskutierte sechs Stunden über den Vertrag und lehnte alle im Alleingang mit Präsident Dschamil Mardam Beey in Paris getroffenen Vereinbarungen ab. Ein wichtiger Aspekt der nationalen Einheit und der territorialen Integrität wurde von den Syrern verteidigt, denn der Vertrag hob den Unterschied zwischen Libanesen, Drusen, Alawiten und Syrern hervor. Außerdem sollten das Drusengebirge und das Alawitengebiet für weitere acht Jahre direkt der französischen Führung unterstellt werden.
In einem Schacher mit der Türkei überließ Frankreich den Sandjak Alexandrette (Iskenderun) mit seinem natürlichen Handelshafen der Türkei. Die arabischen Nationalisten kämpften für den Erhalt des Sandjaks, und Frankreich marschierte am 4. Juli 1938 ein und schloss mit der Türkei einen Freundschaftsvertrag, der wiederum den Einmarsch türkischer Truppen zur Folge hatte.
Die vom Völkerbund vorgeschlagenen Wahlen fanden unter den türkischen Bajonetten ihren Abschluss. Für die syrischen Nationalisten war der Sandjak ökonomisch, geographisch, historisch und ethnographisch ein Teil Syriens. Den Türken sollten keinerlei Einschränkungen hinsichtlich ihrer Sprache und Kultur auferlegt werden. Der Führer der syrischen Bewegung im Sanjak war Zaki al Arsuzi . Frankreich gewährte Syrien 1942 die Unabhängigkeit, doch es weigerte sich, die Truppen abzuziehen.
Selbst als 1946 die mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Truppen schon aufgelöst waren, brachte Frankreich noch senegalesische Kolonialtruppen nach Damaskus und verweigerte den Abzug. Sowohl im Libanon als auch in Syrien fanden nach 1945 permanent Demonstrationen für die Unabhängigkeit des Landes statt. Sogar Großbritannien unterstützte letztendlich die Syrer und hielt die französischen Truppen in der Kaserne fest, weil sie begonnen hatten, die Stadt zu bombardieren. Erst im Jahr 1946 zogen die Franzosen ihre letzten Truppen aus Syrien ab.
Unabhängigkeit
Im Jahr 1948 wurde Israel gegründet. Auf Israels Anrainerstaaten hatte der Sieg Israels im Krieg gegen die Araber große Auswirkungen. Die Vertreibung der 750.000 Palästinenser ließ die arabische Politik als großes Dilemma erscheinen. Die meisten Menschen flüchteten nach Jordanien, aber auch nach Syrien und in den Libanon. In Syrien beschuldigten die Politiker das Militär der Unfähigkeit, und das Militär wiederum machte die Politiker für die Katastrophe verantwortlich. In der Folge kam es im Jahr 1949 gleich zu drei Militärputschen durch die Generäle Husni al-Zaim (der von Miles Copeland vom CIA unterstützt wurde), Sami Hinawi und zuletzt Adib al-Schischakli.
Adib al-Schischakli (1909-1964) trat 1954 von der Präsidentschaft zurück, und unter seinem Nachfolger, dem zivilen Haschim al-Atassi, wurden zum ersten Mal freie Wahlen durchgeführt. Alle gesellschaftlichen Kräfte, die Notabeln, Mitglieder der Baath-Partei, Kommunisten, Nasseristen und die Muslimbrüder, die Schischakli allesamt an den Rand gedrängt hatte, waren beteiligt und erlangten Parlamentssitze.
Die 1947 offiziell gegründete «Partei der arabischen Wiedergeburt» – Baath-Partei – schloss sich Anfang der fünfziger Jahre mit Akram Hauranis «Arabisch-Sozialistischer Partei» zusammen und bildete so einen starken politischen Faktor. Nach dem Krieg von 1956, als Nasser den Suezkanal nationalisierte und daraufhin Israel, Großbritannien und Frankreich einen Krieg gegen Ägypten begannen, blühte die panarabische Ideologie. Die Baath-Partei, deren Motto «Freiheit, Einheit, Sozialismus» war, strebte einen panarabischen Staat gemeinsam mit Ägypten an. Diese Union wurde 1958 ins Leben gerufen.
Gamal Abdel Nasser, der Präsident der Vereinigten Arabischen Republik, zentralisierte die Staatsstruktur, alle Ministerien befanden sich nun in Kairo. Die Notabelnpolitiker des Nationalen Blocks und die Kommunisten, die verhindern wollten, dass die Baath-Partei zu stark würde, waren Gegner dieser Entwicklung. In der Zeit der Union (1958-1961) wurde ein Gesetz zur Regelung der Agrarverhältnisse erlassen. Es war die erste Landreform, die den Großgrundbesitz einschränken sollte. Doch Gamal Abdel Nassers Zentralismus, seine Verfolgung der Kommunisten und Muslimbrüder sowie sein Versuch, eine Einheitspartei zu gründen und keine anderen Parteien mehr zuzulassen, führten zu einer Gegenbewegung, die von syrischen Militärs – unter anderem von Hafis al-Assad – geführt wurde. Am 27. September 1961 putschte die syrische Armee, und Syrien verließ die Union.
Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Marwan Abou Taam. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite für Syrien die Inhalte veröffentlicht werden.